»ZURÜCK ZUR KARIKATUR!« — KARIKATUREN, ILLUSTRATIONEN, PLAKATE VON MANFRED BOFINGER (1941 — 2006)

 

EINE HOMMAGE FÜR DEN SATIRISCHEN WELTVERBESSERER

Für eine Galerie, die in der Öffentlichkeit sowohl von Künstlern als auch Besuchern wahrgenommen werden will, ist ein inhaltliches Alleinstellungsmerkmal sehr entscheidend. Beim Konzept für unser Projekt im Rathaus-Foyer der Gemeinde Hoppegarten haben wir uns deshalb von Beginn an bewusst für vier Schwerpunkte jährlich entschieden: Eine Ausstellung mit einem oder mehreren Künstlern aus der Region, eine Fotoausstellung, eine Karikatur-Ausstellung und in Kooperation mit der Märkischen Oderzeitung die NACHLESE zum Brandenburgischen Kunstpreis.

Wie sich gezeigt hat, waren diese vier »tragenden Säulen« der absolut richtige Weg. Und so wird am 12.Dezember 2022 die von der Gruppe mach art im Hönower Bürger-Verein ehrenamtlich geleitete Rathaus Galerie Hoppegarten ihr zehnjähriges Jubiläum feiern. Die zu dieser Zeit laufende NACHLESE 10 ist dann die bereits 42.Ausstellung, was uns durchaus mit Stolz erfüllt.

Bei der Galerieeröffnung hatte der damalige Bürgermeister Karsten Knobbe betont, »dass alles, was das Rathaus schöner macht, immer gern gesehen wird«. Und beim Neujahrsempfang am 16.Januar 2014 verkündete er: »Ideen für weitere Ausstellungen gibt es bereits – lassen Sie sich überraschen!«

Nun, wir haben Wort gehalten! Dass trifft selbstverständlich auch auf die Karikaturisten zu, was die sieben Einzelausstellungen – den Anfang machte 2013 Barbara Henniger mit dem Projekt »ALLES MUSS RAUS!«, mit dem wir ihr zum 75.Geburtstag gratuliert haben – sowie die beiden bundesweiten Karikatur-Wettbewerbe 2016 und 2020 eindrucksvoll belegen.

Im Vorjahr hatten wir bei der Eröffnung der Schau von Miguel Fernandez »Gegen den Strich« fest zugesagt, dass die zehnte Ausstellung für den viel zu früh verstorbenen Manfred Bofinger reserviert wird. Wie zu sehen ist, lösen wir unser Versprechen ein. Und das nicht nur, weil der Mann wahrlich zu den bedeutendsten Grafikern und Buchgestaltern der DDR gehörte!

Mit Buch-Illustrationen von Bofi, die in der DDR in neun Verlagen erschienen sind, wurden auch unsere Kinder groß. Wir Erwachsenen haben über seine Arbeiten in der Satire-Zeitschrift »EULENSPIEGEL« und in den KARIGRAFIE-Ausstellungen unterm Fernsehturm befreiend gelacht und öfters gedacht: Der Mann traut sich ja wirklich was! Die letzte Auflage dieses durchaus mutigen Projektes der Berliner Sektion der Karikaturisten und Pressezeichner des Verbandes Bildender Künstler und des Verbandes der Journalisten der DDR war übrigens vom 2. März bis 1. April 1990 zu sehen. Das 128 Seiten dicke großformatige Ausstellungs-Journal dürfte heute ganz sicher eine echte Rarität sein.

In dem Beitrag »BOFIs Werkstatt« seines Künstlerkollegen Ulrich Prochnow hat sich Manfred Bofinger übrigens wie folgt geäußert:

»Die Karikatur ist bei uns kein Zeitzeichen mehr. Sobald sich jemand kritisch äußert, auch in unserer Branche, heißt es, wir seien Nörgler, die mit progressivem Denken nichts im Sinn haben – als wenn Satiriker und Karikaturisten jemals dafür da waren, etwas Positives nochmal zu loben. Wir müssen, verflucht noch mal, den Dingen auf den Grund gehen, im marxistisch-philosophischen Sinn, und müssen es so machen, dass es möglichst viele Leute begreifen. Karikaturen sollen in einer sozialistischen Gesellschaft allen helfen, den ›hohen Genossen‹ wie dem ›einfachen Bürger‹, der in einem Betrieb arbeitet, in dem etwas nicht klappt …

… Wir müssen uns über alles unterhalten, über alles berichten, über alles zeichnen, das heisst, wir müssen uns über alles und jedes anständig auseinandersetzen.«

Und sicher war sich der Mann deshalb auch über sei- ne öffentliche und individuelle Verantwortung als Karikaturist für alle Vorgänge in »unserem Land«.

Seinem Anspruch an die artikulierte aktuelle Karikatur, die in der Auseinandersetzung mit Tagesfragen wirklich helfen kann, blieb sich Manfred Bofinger mit seinen humorigen, feinsinnigen und stets unangepassten Arbeiten jedenfalls stets treu. Er war wahrlich ein »satirischer Weltverbesserer der freundlichen und intelligenten Art«, wie über Bofi in dem 18 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung veröffentlichten Band »Eulenspiegel – Klassiker der ostdeutschen Karikatur« zu lesen ist.

Wir freuen uns wirklich, dass wir in der Rathaus Galerie Hoppegarten durch die großzügige Unterstützung seiner Frau Gabriele und der gemeinsamen Tochter Luise diese Personalausstellung präsentieren können.

Dr. Gabriele und Raymund Stolze
Hoppegarten, im August 2022