»VATER UND SOHN« — Bildergeschichten von Erich Ohser [e.o.plauen]

DIE ANREGUNG ZUR »VATER UND SOHN«-AUSSTELLUNG
VERDANKEN WIR DER MÄRKISCHEN ODERZEITUNG

Zeitungen lesen kann sich bei der Planung lohnen. Für dieses Jahr hatten wir uns thematisch vorgenommen, uns auf unverwechselbare Weise dem Ende des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 vor 80 Jahren zu widmen. »Ein Abend für Wolfgang Borchert«, was unsere Reihe »Einfach lesen!« angeht, die Spielfilme »Jakob der Lügner« und »Karbid und Sauerampfer« (jeweils Regie Frank Beyer) sowie die Dokumentation »Das Jahr 1945« von Karl Gass für »Einfach sehen!«. Für »Kunst im Freien« stand von Juli bis Oktober im Park am Grünzug unseres Ortsteils Hönow das aufwendige Anne-Frank-Projekt, wo wir von Schülern des Theresien-Gymnasiums aus Bayern und dem Piccolo Theater Cottbus unterstützt wurden.

Völlig offen war allerdings bis Mitte Dezember vergangenen Jahres, was wir denn in der Rathaus Galerie Hoppegarten anbieten können. Doch dann erschien am 16. Dezember 2024 auf Seite 12 der Märkischen Oderzeitung der Beitrag »Herzlich in einer herzlosen Zeit«. Neugierig machte uns die Unterzeile
»Die Vater und Sohn«-Zeichnungen von Erich Ohser begeistern seit 90 Jahren. Hinter den lustigen Abenteuern steckt eine berührende Lebensgeschichte. In der Beletage dazu die allererste Bildgeschichte von Erich Ohser »Der schlechte Hausaufsatz«, die am 13. Dezember 1934 in der Berliner Illustrirten Zeitung (BIZ) erschien. Der Autor Christof Bock schrieb dazu: »Jedes Mal stehen der rundliche, schnauzbärtige Vater und sein kleiner Sohn im Mittelpunkt, machen zusammen Faxen und müssen oft auch dafür ein bisschen einstecken.« Der Comicstrip hatte sofort ein Millionenpublikum, das aber nicht wusste, dass der Zeichner unter dem Pseudonym e.o.plauen arbeiten musste, weil er zu oft in den Jahren davor für SPD-nahe Blätter Hitler und Goebbels karikiert hat.

Die meisten seiner sechs Zeichnungen umfassenden Geschichten über das Vater-Sohn-Gespann zeichnen sich vor allem durch eine tiefe Menschlichkeit aus und bieten oft unkonventionelle, humorvolle Problemlösungen. »Die »Vater und Sohn«-Zeichnungen sind Erinnerungen an meine Kindheit, ausgelöst durch die Freude am eigenen Sohn«, so Erich Ohser alias e.o.plauen.

Mit der letzten von in der BIZ veröffentlichten 157 Bildergeschichte beendete er die Serie auf eigenen Wunsch in der Ausgabe 49 im Dezember 1937. Sie heißt »Abschied« (Das größte Abenteuer), in der die beiden Titelfiguren am Ende in den Himmel entschweben…

Sarah Kühnel, Interimsleiterin Erich-Ohser-Haus mit Galerie e.o.plauen, ohne deren tatkräftige Unterstützung dieses Projekt nicht realisiert worden wäre – wir sind ihr zu großem Dank verpflichtet – hat die weitere, tragisch endende Lebensgeschichte des Künstlers, der sich unter der NS-Diktatur dank seines Erfolges im Alltag eingerichtet hat, in ihrem Artikel für dieses Begleitheft verfolgt. Am 28. März 1944 wird er mit seinem Freund Erich Knauf als »Wehrkraftzersetzer« von der Gestapo verhaftet.

»Es kann Schweres über uns hereinbrechen. Ich weiß, dass ihr beide in Liebe an mich denkt. Und ich flüstere eure Namen oft ins Dunkle. Ich küsse euch. Euer Vati und Erich.« Es sind die letzten Zeilen Erich Ohsers an seine Familie. Am Morgen des 6. April 1944 wird er im Berliner Gefängnis Moabit tot aufgefunden: Er hat sich mit einem Handtuch am Fenstergitter seiner Zelle erhängt. An diesem Tag sollte ihm vor dem Volksgerichtshof der Prozess gemacht werden…

Wir sind davon überzeugt, dass die Ausstellung »Vater und Sohn« ein würdiger und zugleich anregender »Schlusstein« für den von uns für das Jahr 2025 gewählten thematischen Schwerpunkt ist! Es lohnt sich in der Tat, aufmerksam Zeitungen zu lesen und Anregungen aufzunehmen – man muss sie nur entdecken!

Dr. Gabriele und Raymund Stolze
Hoppegarten, im Oktober 2025

Plakat zur Ausstellung Vater und Sohn
Plakat zur Ausstellung Vater und Sohn