»NACHLESE 10«

Zum Brandenburgischen Kunstpreis 2022
Malerei — Grafik — Plastik — Fotografie

in Kooperation mit der Märkischen Oderzeitung

LASST UNS DAS NACHLESE-JUBILÄUM FEIERN UND DEN NEUEN HERAUSFORDERUNGEN GEMEINSAM STELLEN...

Mal ehrlich gefragt: Wer hätte gedacht, dass die Rathaus Galerie Hoppegarten in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum feiern kann? Wie schnell doch dieses Jahrzehnt verflogen ist und die Einrichtung, die sich auf Arbeiten der Malerei, Grafik, Plastik, Fotografie und Karikatur konzentriert, dabei längst über den Landkreis Märkisch-Oderland hinaus eine gefragte Adresse ist. Ein aktuelles Beispiel ist die Personalausstellung von Micha Winkler »Mit der Camera Obscura durch Europa«, die eine echte STERNSTUNDE für uns gewesen war. Beim 19. Brandenburgischen Kunstpreis 2022 in diesem Jahr wurde er nämlich in der Kategorie Fotografie ausgezeichnet. Dass der gebürtige Ostberliner nur zwei Monate später verstarb, ist wahrlich eine wirkliche Tragödie!

Alles begann im Dezember 2012 damit, dass die promovierte Architektin Gabriele Stolze kühn beim damaligen Bürgermeister Karsten Knobbe anfragte, ob sie denn nicht im Foyer seines »Amtssitzes« in der Lindenallee 14 eine Auswahl ihrer Bilder zeigen könnte. Sie erhielt einen positiven Bescheid und präsentierte unter dem Motto »Lokalkolorit« einige ihrer Arbeiten, die alle in der Region entstanden waren.

Die sehr gut verlaufende Premiere freilich brachte für uns die persönliche Entscheidung mit sich, doch unbedingt weiter zu denken. Warum sollten denn die drei zur Verfügung stehenden Wandflächen mit einer Länge von insgesamt circa 17Meter nicht ganzjährig für Ausstellungen genutzt werden? Das war dann die eigentliche Geburtsstunde der Rathaus Galerie Hoppegarten.

Dass Gabriele Stolze sich bereit erklärte, die Galerie fortan ehrenamtlich zu leiten und auch das originelle Logo entwarf, war sicher für den Start wichtig.

Das inhaltliche Angebot für Künstler und Besucher wurde eben- so schnell gefunden. Künftig sollte es vier thematische Säulen geben: KünstlerInnen der Region, Fotografie, Karikatur und als jeweiligen Jahreshöhepunkt die NACHLESE zum Brandenburgi- schen Kunstpreis in Kooperation mit der Märkischen Oderzeitung sowie mit finanzieller Unterstützung von Gemeinde und Sparkasse Märkisch-Oderland.

Nach einem Jahrzehnt kann Gabriele Stolze, die vom Land Brandenburg für ihre verdienstvolle kulturelle Arbeit am 19. Juni 2019 als »Ehrenamtlerin des Monats« für hervorragendes Engagement geehrt wurde – sie ist die erste Trägerin dieser Auszeichnung in der Gemeinde Hoppegarten –, eine erfolgreiche Bilanz ziehen.

Dass die Rathaus Galerie bereits nach nur zwei Ausstellungen als neuer Treffpunkt für Kunst in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, war gleichermaßen eine Herausforderung, neue kreative Zeichen zu setzen. Ein solches war sicher die NACHLESE zum Brandenburgischen Kunstpreis. Die entscheidende Frage, die wir uns stellten, lautete: Was geschieht mit jenen Bewerbungen, die nicht für die Schau auf Schloss Neuhardenberg nominiert werden? Und ist es überhaupt möglich, in unserem doch räumlich begrenzten Rahmen, diese alljährliche »Erntezeit« der Künstlerinnen und Künstler des Landes Brandenburg für eine NACHLESE zu nutzen?

Wir erinnern uns noch sehr gut an unsere Reise im Mai 2013 nach Frankfurt (Oder), um für eine Ausstellung, die es bis dahin mit einem solchen Konzept noch nicht gegeben hatte, die Kunstwerke auszusuchen. Nach einer Anfrage hatte uns dazu Monika Tschirner eingeladen. Sie war mehr als ein Jahrzehnt die kluge und kooperative Macherin aus dem Team des Brandenburgischen Kunstpreises, die mit ihrem Verständnis für unsere »Sehsüchte« die Weichen zur Kooperation mit der Märkischen Oderzeitung stellte.

Rückschauend fragen wir uns: Warum war sie sich so sicher und traute uns dieses Projekt zu? Was für ein Vertrauensvorschuss, den wir uns bemühen, Jahr für Jahr einzulösen. Solche persönlichen Ermutigungen sind einfach unendlich wichtig, es einfach zu machen – just do it!

»Es war für mich, als damalige Koordinatorin des Brandenburgischen Kunstpreises der Märkischen Oderzeitung, eine Selbstverständlichkeit, Sie bei Ihrem Vorhaben, den Künstlerinnen und Künstlern, deren Werke von der Jury nicht für die Ausstellung ausgewählt wurden, dennoch eine Möglichkeit zum Ausstellen ihrer Arbeiten zu bie- ten, zu unterstützen. Denn leider konnten, auch aus Platzgründen, nicht alle einge- reichten Arbeiten, ausgestellt werden. Daher war ihr Angebot, einer Auswahl dieser KünstlerInnen dennoch eine Möglichkeit zu geben, ihre Werke der Öffentlichkeit zu zeigen, für mich ein guter Grund, Sie bei Ihrem »Nachlese«-Projekt zu unterstützen. Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken, auch weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie viel Engagement, Altruismus und Mühe damit für Sie verbunden war und ist.«

Monika Tschirner
Koordinatorin des Brandenburgischen Kunstpreises von 2006 bis 2018

Inzwischen haben bei der NACHLESE mehr als 170 KünstlerInnen ihre »zweite Chance« genutzt. Und das nicht selten erfolgreich, denn von Anfang an gab es Einladungen für TeilnehmerInnen unseres Projektes zur Endrunde auf Schloss Neuhardenberg, wie für den leider viel zu früh verstorbenen Grafiker Ralf Hentrich (2014), die Grafikerin Carola Kirsch (2020) die Bildhauerin Anna Franziska Schwarzbach (2021) und den Fotografen Micha Winkler (2022), die alle mit dem Brandenburgischen Kunstpreis geehrt worden sind.

Apropos Partner: Als 2018 der Wettbewerb um die Fotografie erweitert wurde, konnte mit dem Betreiber vom Haus der Generationen Hoppegarten in der Lindenallee 12 sofort eine Lösung für diese Kategorie gefunden werden.

Unbedingt zu erwähnen ist, dass seit der dritten Ausstellung dank der Gemeinde auch kostenlos ein inzwischen nummeriertes Begleitheft angeboten wird, das längst ein Sammlerobjekt für die kunstinteressierten Besucher ist.

Dass von Anfang an unsere Ausstellungen für die beteiligten KünstlerInnen gleichermaßen Förderung sind, ist wohl in der Branche eher die Ausnahme. Von den verkauften Werken bleibt ihnen nämlich der komplette Erlös.

Ein auch für uns keineswegs zu unterschätzendes Problem ist und bleibt die Auswahl der Arbeiten, die selbstverständlich auch subjektiv ist. Wir haben uns deshalb dafür entschieden, dass man sich bei uns nicht bewerben muss, sondern Interesse zeigt, seine Werke zu präsentieren. Außerdem haben wir jedes Jahr ein neues Thema als größten gemeinsamen Nenner gewählt. Bei der NACHLESE 10 – es ist die inzwischen 42. Ausstellung – lautet es HERAUSFORDERUNGEN. Und das eben nicht nur in künstlerischer Hinsicht, wovon sich die Besucher überzeugen können.

Dass zur zehnten Auflage nur 30 Anmeldungen eingegangen sind, ist allerdings für uns doch ziemlich enttäuschend. Dazu kommen Einladungen von zwei KunstpreisträgerInnen (Bettina Steinborn 2011, Ralf Hentrich 2014) und zwei mit dem Nachwuchs-Förderstipendium Geehrten (Alexander Janetzko 2014, Mathias Wunderlich/damals Melchert 2015) sowie für den Schöpfer der Preisplastik 2022, Rolf Biebl.

Natürlich wäre es für uns hilfreich, trotz Datenschutzbestimmungen, die nicht berücksichtigten BewerberInnen zum Brandenburgischen Kunstpreis, bei vorliegenden Zustimmungen, wie früher, vertraulich direkt ansprechen zu können. Das aktuelle Verfahren ist jedenfalls sowohl für die Künstler- Innen als auch für uns als Organisatoren unbefriedigend.

Ein echter Schock nicht nur für uns war, dass am Schluss der Auszeichnungsfeier auf Schloss Neuhardenberg am 14. August der langjährige Juryvorsitzende Frank Mangelsdorf verkündete, es sei keineswegs finanziell gesichert, dass es eine 20. Auflage des Brandenburgischen Kunstpreises 2023 geben würde.

Was für eine Herausforderung für alle Förderer und KünstlerInnen, dieses doch fraglos einmaligen Projektes in der Bundesrepubik Deutschland weiterhin am Leben zu halten!

Fakt ist: Nachhaltige Veränderungen sind sicherlich angesagt. Die brauchen nötige Strukturen und öffentlichkeitswirksame Aktionen.

Vorstellbar ist es aus unserer Sicht darüber nach- zudenken, ob diese Leistungsschau der bildenden KünstlerInnen vielleicht künftig im Rhythmus von zwei Jahren stattfindet. Und ebenso sollte darüber diskutiert werden, ob Malerei, Grafik und Plastik / Installation künftig im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst in Cottbus gezeigt werden sollten, während der Fotografie auf Schloss Neuhardenberg ein größerer Platz zur Verfügung steht.

Was schließlich die finanzielle Seite angeht, so wären durchaus Crowdfunding oder ein Kunstmarkt des Landes Brandenburg konstruktive Alternativen, deren Erlöse in einen zweckgebundenen Spendenfonds fließen.

Und es gibt sicherlich viele weitere kluge Ideen. Dazu wären beispielsweise Gesprächsrunden der Organisatoren, Mitgliedern des Brandenburgischen Vereins bildender Künstlerinnen und Künstler ein sinnvoller Weg, denn um uns selber müssen wir uns bekanntlich selber kümmern!

Was uns angeht, so können wir versichern, dass es in der Rathaus Galerie Hoppegarten mit dem NACHLESE-Projekt weiter gehen wird. Bei der Premiere haben wir 2013 bekanntlich kühn Fortsetzung signalisiert, die langen Atem und emotionale Kraft braucht. Bilanzierend ist dieser Versuch tatsächlich gelungen, anregende Einblicke in das künstlerische Schaffen im Land Brandenburg zu geben.

Einen Wunsch für die Zukunft hätten wir dennoch. Es wäre toll, wenn jüngere Mitstreiter die Rathaus Galerie Hoppegarten schrittweise übernehmen könnten, wobei wir sie gern weiterhin unterstützen würden, sollten sie das wünschen!

Dr. Gabriele und Raymund Stolze
Hoppegarten, im November 2022